- "Tour de Rur"
Nix Aufruhr - sondern Einruhr heißt die Devise
Tour zur Rur
Wenn jemand mit Ruhe zur Rur will, sollte er vielleicht lieber keine Zweitakter nehmen. Das verspricht in Sachen Geräuschkulisse eher Unruhe. Aber genau daraus schöpfen die Mopedfreunde aus Maidahl ihre innere Ruhe. Es ist das relativ geringe Tempo und die Freude darüber mit Gleichgesinnten unterwegs zu sein. Das Ziel ist dabei gar nicht so wichtig, eher der Weg dorthin. Und in diesem Jahr führte der Jahresausflug die Gruppe an den Rursee. Das Hotel Haus am See in Einruhr war die Ausgangsbasis für beeindruckende Ausflüge. Und dieser „Tour de Rur“ hatte man nicht nur im Rheingau entgegen gefiebert. Auch im fernen England hatte sich Freund Huw Willet aufgemacht, um schon am Vorabend der Reise mit seinem Motorrad in Marienthal anzukommen, um die gemeinsame Tour von Beginn an zu genießen.
Mitten im Nationalpark Eifel gelegen, in einmaliger landschaftlicher Kulisse und umrahmt von ursprünglicher Natur tankten die Teilnehmer nicht nur Kraft, sondern auch Zweitaktgemisch für weitere Entdeckungen.
Besser als am Rursee können die Voraussetzungen für ein perfektes Freizeit-Erlebnis kaum sein. Rund 27 Kilometer rund um den See ist eine einzigartige Landschaft zu erkunden. Die Tour lässt sich auch auf 42 Kilometer erweitern, wenn man Ober- und Urftsee einbezieht. Zusätzlich kann man auch die Rurseeschiffe für Touren nutzen.
Die See-Orte Rurberg, Woffelsbach und Einruhr bieten viele Möglichkeiten zur entspannten Rast!
Wo so viel Wasser ist, kann man selbstverständlich auch schwimmen.
Der staatlich anerkannter Luftkurort Einruhr liegt etwa 280 Meter über dem Meeresspiegel und direkt am Nationalpark Eifel.
On the run
Aber nicht zu vernachlässigen ist für die Mopedfreunde der Weg nach Einruhr. Rund 230 Kilometer auf alten Mopeds mussten bis dorthin zurückgelegt werden. Dazu nahm man möglichst kleine Straßen unter die Räder, die vielfach nicht einmal Platz boten für eine Mittellinie, manche sogar nur schmal Asphaltbänder waren, die gerade so für die Mopeds ausreichten, was bei Gegenverkehr spannend wurde. Für die Einhaltung regelmäßiger Pausen sorgte die Yamaha TY 50. Exakt nach 100 Kilometern muss sie getankt werden. Kein Wunder bei nur 3,8 Liter Tankvolumen. Und wenn es dann eben gerade keine Tankstelle gab, half ein mitgeführter 1,5 Liter Ersatzkanister als Reserve bis zur nächsten Zapfsäule.
Die Frühstücksrast hatte man bereits in Simmern eingelegt. In Bullay an der Mosel genoss man den Blick auf den Fluss und machte sich dann auf in Richtung Vulkaneifel und nutze dazu auch teilweise die deutsche Vulkanstraße.
Durch kleine Dörfer und Ortschaften kam man dem Ziel näher, bis plötzlich bei einer Yamaha DT Hitzeprobleme auftauchten und die Zündung aussetzte. Zunächst waren die Eingriffe an der Zündplatte erfolgreich, um die Reise fortzusetzen. Doch nach wenigen Kilometern spuckte die Maschine. Glücklicherweise war man darauf vorbereitet und hatte auf einem Anhänger eines Begleitfahrzeugs für Ersatz gesorgt, damit es weitergehen konnte. Kaum am Hotel angekommen, wurde die DT 50 repariert und mit einem neuen Zündkontakt ausgestattet. Es sollte aber nicht die letzte Reparatur bleiben. Außerdem war unterwegs an einer Zündapp die Fußrastenanlage gebrochen. Mit Kabelbinder wurde diese provisorisch repariert. Bei der Tagestour am zweiten Tag nach Belgien fand man unterwegs in Raeren eine freie Kfz-Werkstatt (Cartech). Hier wurde die Fußrastenhalterung fachmännisch geschweißt – und das sogar ganz umsonst.
Ansonsten hielten die Zweitakt-Oldtimer gut durch, obwohl in vier Tagen immerhin fast 800 Kilometer zu bewältigen waren. Die meisten kamen mit dem Nachspannen der Kette und dem Nachfüllen von Benzin und Zweitaktöl über die Runden. Mit „Daumen hoch“ wurden die Mopedfreunde von Passanten gegrüßt und auf Parkplätzen kam es auch schnell zu dem ein oder anderen „Benzingespräch“. Dabei wurde oft über die eigenen Erlebnissen Zündapp-, Kreidler- und Yamaha-Mopeds berichtet.
Fritten und Radler
Nachdem ein kurzes Telefonat am nächsten Tag deutlich machte, dass aus dem geplanten Zwischenstopp an der Fritterie Le Petit Creux in Charneux nichts wird, weil der Laden völlig ausgebucht war, wurde die Route geändert. Neues Ziel war die Klosterbrauerei Val-Dieu. Doch auf dem Weg dorthin fand man in Hombourg die Brasserie „Grain d’Orge“. Bei hervorragendem Radler und Fritten machte man hier eine längere Mittagsrast in uriger Atmosphäre und kompetentem Service.
Ein Stück Heimat
Die Abtei von Val-Dieu ist Zeuge der beeindruckenden Geschichte der Zisterzienser und zugleich ein Anknüpfungspunkt für die Rheingauer Mopedfreunde. Denn die Abtei von Val-Dieu wurde 1216 von Mönchen aus dem Kloster Eberbach gegründet. Diese hatten sich zunächst in der Nähe von Maastricht niedergelassen. Va-Dieu liegt eingebettet im malerischen und geschichtsträchtigen Tal der Berwinne im Zentrum der Euregio Maas-Rhein, gerade einmal 25 Kilometer von den ebenfalls sehenswerten Städten Aachen, Lüttich und Maastricht entfernt. Das Val-Dieu-Bier ist übrigens das einzige Abteibier, das heute noch in den Mauern einer lebendigen Abtei gebraut wird. Die Zisterzienser haben 2001 einer Laiengemeinschaft, der christlichen Gemeinschaft von Val-Dieu, die Geschicke der Abtei in die Hände gelegt.
Not drink and drive
Eine interessante Art für mehr Verkehrssicherheit zu sorgen erlebten die Mopedfreunde bei ihrer Rast an der „Biker Ranch“ in Simmerath. Das rustikale Restaurant für Motorradenthusiasten mit bodenständiger Küche ist ein bekannter Biker-Treff. Wer von Aachen in Richtung Rursee zum Nationalpark Eifel fährt, kommt zwangsläufig an der Biker Ranch vorbei - nicht zu übersehen, an der Kreuzung K 20 / L 246 (Kreisverkehr). Doch wer hier mit einem Fahrzeug vorfährt erhält vom Kellner an alkoholischen Getränken maximal ein kleines Bier oder ein großes Radler.
Kleine Runde
Der Ausflug am Samstag wurde zu einer kleinen Runde um den Rursee. Den Anfang bildete ein Abstecher nach Heimbach. Über dem malerischen Luftkurort thront die Burg Hengebach. Wie ein Fels in der Brandung steht sie seit vielen Jahrhunderten auf 200 Meter Höhe über NN auf ihrem Grauwackenfels. Die Burg Hengebach, gebaut im 11. Jahrhundert, zählt sie zu den ältesten Bauwerken in der Eifel. Verschiedene Herrschaften lebten und regierten einst auf der Festung. Der Löwe des Jülicher Grafengeschlechts ziert immer noch das Stadtwappen. Hofräume, Wehrgang und der Burgfried sind ganzjährig kostenlos geöffnet. Vom Hof aus eröffnet sich ein prächtiger Panoramablick über Heimbach. Heute ist die Burg im Besitz der Stadt und bietet ein gastronomisches und kulturelles Angebot. Es gibt sogar eine Burg-Suite hinter den dicken Mauern, die zum Übernachten einlädt.
Monschau
Gerade einmal 20 Kilometer von Einruhr entfernt liegt der beschauliche Ort Monschau - das nächste Ziel auf der Tour. Er ist für sein mittelalterliches Zentrum mit Fachwerkhäusern und engen Kopfsteinpflasterstraßen bekannt, aber auch als Drehort für die ARD-Serie „Eifelpraxis“. Die Burg Monschau thront mit ihren Türmen über der Stadt und das „Rote Haus“, ein 1752 erbautes Wohnhaus eines wohlhabenden Tuchfabrikanten, enthält luxuriöse antike Möbel und eine mit Schnitzereien versehene Wendeltreppe aus Eichenholz. Kulinarisch locken feinste Pralinen, Printen, traditionelle Monschauer Dütchen oder Senf aus der historischen Senfmühle.
Abschied
Am Sonntagmorgen, nach einem reichhaltigen Frühstück im Hotel, hieß es dann erst einmal Abschied nehmen von Huw. Denn er machte sich von Einruhr auf nach Calais, um seinen Zug durch den Kanaltunnel zu bekommen. Für die anderen ging es über kleine und kleinste Straßen wieder zurück Richtung Rheingau. Allerdings erwies sich gegen Mittag, dass die reparierte Yamaha DT 50 weiter Probleme bereitet. An der L101 zwischen Kelberg und Mosbruch machte die Maschine vollends schlapp und die Gruppe musste an der „Geschichtsstraße“ in 565 Meter Höhe auf das Begleitfahrzeug warten. Anschließend ging es auf kurvigen Straßen hinunter nach Bremm an der Mosel. In Ediger-Eller wurde dann der Flüssigkeitspegel der Mopedfahrer aufgefüllt. Da nun auch eine Zündapp auffällige Geräusch im Zylinder entwickelte, wurde auch diese Maschine getauscht und auf den Hänger verladen. Nach einem Tankstopp in Simmern ging es über Daxweiler zur Fähre in Bingen. Zum Ausklang der Fahrt gab es noch ein kühles Bier und einen Imbiss in der Breslauer Straße, dem heimlichen Yamaha-Zentrums von Marienthal, den Thorstens Freundin Marina als Überraschung vorbereitet hatte. Zwar waren alle recht müde von der langen Tour, doch irgendwie hatte man das Gefühl, dass die Teilnehmer schon möglichst bald wieder den Kickstarter bedienen wollen, um mit ihren Zweitaktern neue Ziele zu erreichen.
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